Pommerns Geschichte

 
Verbreitung der Germanen um 50 n.Chr.
Verbreitung der Germanen um 50 n.Chr.
Verbreitung der slawischen Sprache
Verbreitung der slawischen Sprache

Frühgeschichte
Erste schriftliche Zeugnisse über die Bewohner der südlichen Ostseeküste stammen von den Römern. Vom Schreiber Tacitus wissen wir, dass in diesem Gebiet für ca. 2000 Jahre ostgermanische Stämme gelebt haben. Die Namen einiger Ostsee-Inseln erinnern noch heute daran: Rügen an die Rugier, Bornholm an die Burgunder und Gotland an die Goten. Mit dem Jahre 375 n.Chr. begann die Völkerwanderung – die Germanen verließen nach und nach den Ostseeraum. Die Slawen, Verwandte der Ostgoten, rückten daraufhin in die frei werdenden Gebiete nach. Um 600 war das gesamte Mittel- und Osteuropa von Slawen besiedelt, welche unorganisiert in losen Völkerschaften oder Stämmen nebeneinander her lebten. Irgendwann bildete sich der Sammelname „Wenden“ für die Völker im südlichen Ostseeraum. Die Bewohner des Gebiets zwischen Weichsel und Oder wurden als Pomoranen bezeichnet, abgeleitet vom wendischen „po more“, „am Meer“. Die Nachbarn im Südosten wurden Polani genannt, die „Inlandsbewohner“. Aus diesen Begriffen entwickelten sich die Namen „Polen“ für die im Warthe-Netze-Gebiet ansässigen Polanen und „Pommern“ für die im Küstengebiet lebenden Pomoranen. 
Der Stamm der Pommern entwickelte sich schließlich aus den Nachkommen der wendischen Pomoranen und den zugezogenen Deutschen, wie den Missionaren, Siedlern, Handwerkern und Kaufleuten. Ab etwa 1200 beginnt die deutsche Pommern-Epoche, deren Charakteristik die Sprache (Plattdeutsch), die Backsteingotik und die kirchliche Kultur sind. Im östlichen Teil Pommerns, im Danziger Raum, leben heute noch Kaschuben, Überbleibsel der slawischen Pomoranen, welche ihre Tradition und Sprache (kaschubisch) pflegen. Endungen der Orts- und Personennamen auf -ow, -itz, -in und -gard sind typisch für Pommern und waren Erbe der alten Sprache der Pomoranen. Die Polen haben schließlich 1945 in Hinterpommern alle geographischen Bezeichnungen polonisiert.

Der Greif, das Wappentier der pommerschen Herzöge
Der Greif

Zusammenschluss der Pomoranen
Gegen Ende des 11. Jahrhunderts schlossen sich die bis dahin in lockeren Verbänden lebenden Pomeranen unter der Oberherrschaft eines Herzogs enger zusammen. Grund war der Druck der sie bedrängenden Dänen im Norden, der Brandenburger im Süden und der Polen im Südosten. Der Greif, ein Fabelwesen aus Adler und Löwe, gab dem neuen Herrschergeschlecht seinen Namen, es wurde fortan das „Greifengeschlecht“ genannt. Durch die immer vehementer werdenden Überfälle der Nachbarn übergab Pommern-Herzog Bogislaw I. 1181 dem Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) schließlich „sein Land“ als Lehen, um den Schutz des deutschen Kaisers zu genießen. Damit wurde Pommern der östlichste Teil des „heiligen römischen Reiches“. 

Bogislaw X. (1454 - 1523)
Bogislaw X. vereinte 1478 ganz Pommern

Das Greifengeschlecht
Bis zum Erlöschen des Mannesstammes 1637 regierte das Greifengeschlecht sechs Jahrhunderte lang. Obwohl Pommern längst ein deutsches Land geworden war, trugen seine Herzöge immer noch wendische Namen wie Wartislaw, Bogislaw, Barnim oder Kasimir. Ein charakteristisches Merkmal der Pommern-Herrscher war, ihr Land unentwegt in Teilherzogtümer aufzuteilen. An kriegerischen Eroberungszügen gegen die Nachbarn lag den Greifenfürsten dagegen nichts. Sie waren in der Regel friedfertige Leute und kümmerten sich wenig um europäische Politik, Kaiser und Kaiserreich.

Bischof Otto von Bamberg, 'Apostel der Pommern'
Bischof Otto von Bamberg

Vom wendischen zum deutschen Pommern
Bis zum 10. Jahrhundert hatte das Christentum im Osten auch Böhmen und Polen erfasst, lediglich die Völker im Nordosten an der Ostsee hielten noch an ihren Naturgottheiten fest. Dies änderte sich mit dem Beginn der Missionsreisen des Bischofs Otto von Bamberg, dem „Apostel der Pommern“. Nachdem die Greifenherzöge mit gutem Beispiel vorangingen und dem „Heidentum“ abschworen, waren sie es auch, die die ersten Klöster gründen ließen. Hintergrund war wohl nicht zuletzt, dass Klöster eine aufblühende Wirtschaft garantierten. Damit wurden Kolonisten angezogen, die Produktion im Land wuchs und Abgabenforderungen konnten erhöht werden. Missionierung und Kolonisierung gingen Hand in Hand. Neue Siedler wurden von den Adeligen regelrecht angeworben, um die wirtschaftliche Situation des Landes zu verbessern. Im 13. Jahrhundert stießen ca. 150.000 Menschen aus dem Westen auf 100.000 ansässige Wenden. Die Herzöge und Bischöfe förderten die Städtegründungen, übertrugen Handwerkern und Kaufleuten Stadtrechte. Innerhalb von 100 bis 150 Jahren hatte sich unter der Führung der Greifenherzöge deutsches Denken, Rechtswesen und Sprachgut durchgesetzt.

Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst
Friedrich Wilhelm, der „Große Kurfürst“
Friedrich Wilhelm I., der 'Soldatenkönig'
Friedrich Wilhelm I., der „Soldatenkönig“

Pommern wird preußische Provinz
1637, während des Dreißigjährigen Krieges, verstarb der letzte Greifenherzog. Die Frage, wer das „pommersche Erbe“ antreten darf, wurde nach Kriegsende geklärt. Der Westfälische Friede von 1648 übertrug Friedrich Wilhelm (1620-1688), dem „Großen Kurfürsten“, das Bistum Cammin und Hinterpommern. Vorpommern einschl. Stettin und ein Streifen östlich der Oder gingen an den schwedischen König und wurde „Schwedisch-Pommern“. Friedrich gefiel diese Regelung gar nicht, da schon seit 1529 ein Vertrag mit den pommerschen Herzögen existierte, der den Hohenzollern im Falle des Aussterbens des Greifengeschlechtes das Erbrecht zusprach. Dem Ziel, ganz Vorpommern zu gewinnen, kamen erst seine Nachfolger näher. Sein Sohn, Friedrich I., ließ sich 1701 in Königsberg zum „König in Preußen“ krönen (daraus machte Friedrich der Große, der „Alte Fritz“, später „König vonPreußen“). 1720 gelang es schließlich dem „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I., einem Enkel des „Großen Kurfürsten“, nach dem Krieg zwischen Schweden und Russland, Vorpommern bis auf den westlichen Teil Pommerns für sich zu gewinnen. 100 Jahre später endlich, nach Ende der Napoleonischen Kriege, wurde Preußen auf dem Wiener Kongreß 1814 der Besitz ganz Pommerns zugestanden. Aus dem selbständigen Herzogtum und Reichsland Pommern mit stammeseigenem Herzog an der Spitze wurde eine Provinz des brandenburgisch-preußischen Staates, dessen Bewohner sich bald mit der Rolle des preußischen Untertanen abgefunden hatten.

Gebietsverluste nach dem Versailler Vertrag
Gebietsverluste nach dem Versailler Vertrag
Polnischer Korridor
Der „polnische Korridor“

Pommern bis 1945
Der Versailler Vertrag, von den Verlierern des I. Weltkriegs wegen fehlender Mitspracherechte als „Diktat von Versailles“ bezeichnet, gab Deutschland und seinen Verbündeten die Hauptschuld an dem I. Weltkrieg und sprach ihm, neben umfangreichen Reparationsauflagen, einen Großteil seiner Territorien ab. Von den Folgen der Gebietsamputationen blieb Pommern weitgehend verschont. Mit der Abtretung fast ganz Westpreußens und der Provinz Posen an das neu entstandene Polen, welches seit den „polnischen Teilungen“ in den Jahren 1772, 1793 und 1795 praktisch nicht existierte, entstand der „polnische Korridor“. Geographisch gesehen ein „Zerschneidungskorridor“, trennte er Ostpreußen nun vom übrigen Deutschen Reich ab und machte das angrenzende Pommern wieder zum Grenzland. 1938 erhielt Pommern den größten Teil der Kreise aus der aufgelösten Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen zugesprochen und organisierte sie in einem neuen Regierungsbezirk Grenzmark Posen-Westpreußen mit dem Sitz in Schneidemühl.

Gebietsverluste nach 1945 (Oder-Neisse-Linie)
Gebietsverluste nach 1945 (Oder-Neisse-Linie)

Nach dem II. Weltkrieg
1945 wurde Pommern von der Roten Armee erobert. Aufgrund der Beschlüsse der Alliierten im Potsdamer Abkommen wurde Hinterpommern unter polnische Verwaltung gestellt und durch Festlegung der deutsch-polnischen Grenze entlang der Oder-Neiße-Linie geteilt. Der Teil der zivilen Bevölkerung, der nicht geflohen war und die Greueltaten der russischen Soldaten überlebte, wurde in der Folgezeit fast vollständig aus der Heimat vertrieben bzw. ausgesiedelt. Zum Thema „Flucht und Vertreibung“ finden Sie Hier mehr. Aus dem bei Deutschland verbliebenen Teil Vorpommerns wurde zusammen mit dem ehemaligen Freistaat Mecklenburg Anfang Juli 1945 das Land Mecklenburg-Vorpommern gebildet, welches ab März 1947 nur noch Land Mecklenburg hieß. Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung 1990, erkannte auch das neue Gesamtdeutschland im Zwei-plus-Vier-Vertrag, sowie im deutsch-polnischen Grenzvertrag die Oder-Neisse-Linie endgültig und völkerrechtlich an. Mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland wurde 1990 auch das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern neu konstituiert, jedoch mit verändertem Gebietszuschnitt. Das historische Hinterpommern wird heute territorial abgedeckt von den polnischen Woiwodschaften Pommern und Westpommern. Wie das alte Pommern zu deutscher Zeit aussah, sehen Sie unter Bilder aus Pommern.

WICHTIGSTE DATEN

  • 3. – 6. Jhdt.
    Abwanderung ostgerm. Stämme, Nachzug von Elb- und Ostseeslawen
  • Ab 950
    Wikinger legen den Handelsplatz Wollin an.
  • 1102 – 1106
    Der polnische Herzog Boleslaw unternimmt Kriegszüge gegen das heidnisch-slawische Pommern.
  • 1100 – 1148
    Wartislaw I. erster, sicher nachweisbarer Vertreter der slawischen Greifen-Dynastie.
  • 1091
    Castrum Stettin als Burg und Handelsplatz erwähnt.
  • 1120 – 1122
    Stettin wird von Herzog Boleslaw erobert. Wartislaw I. erhält Pomm.-Stettin als Vasall Polens.
  • 1124
    Erste Missionsreise Bischofs Otto von Bambergs. Wartislaw I. nimmt das Christentum an.
  • 1138
    Pommern entledigt sich der poln. Oberhoheit.
  • 1140
    Papst Innozenz II. gründet das Bistum Wollin.
  • 1153 – 1178
    Gründung der Klöster Stolpe, Grobe und Kolbatz.
  • 1168
    Dänenkönig Waldemar I. erobert Rügen.
  • 1181
    Friedrich I. (Barbarossa) belehnt Hzg. Bogislaw I. mit dem westl. Pommern, Eingliederung in den röm.-dt. Reichsverband.
  • 1230
    Beginn der Besiedelung durch deutsche Ritter, Bauern und Handwerker, gefördert durch die Pommernherzöge.
  • 1295
    Teilung Pommerns in die Herzogtümer Pommern-Stettin und Pommern-Wolgast.
  • 1325
    Erbfolgekrieg nach dem Aussterben des Hauses Rügen-Barth.
  • 1338
    Pomm.-Stettin erhält die Reichsfreiheit unter Vorbehalt der Erbanwartschaft Brandenburgs.
  • 1348 – 1351
    Knapp ein Drittel der Pommern Opfer der Pest.
  • 1363
    Vollendung der Lauenburg durch den Ritterorden. Stargard Mitglied der Hanse.
  • 1384/85
    Der Ritterorden erwirbt die Länder Schivelbein und Tuchen/Kreis Bütow. 1390 Baubeginn der Deutschordensburg Bütow.
  • 1410
    Polen und Litauer besiegen den Ritterorden bei Tannenberg.
  • 1420
    Pommern unterliegt Brandenburg bei Angermünde und verliert die Uckermark.
  • 1456
    Gründung der Universität Greifswald.
  • 1466
    Im 2. Thorner Frieden werden die „Lande“ Lauenburg und Bütow durch den Deutschen Ritterorden als polnisches Lehen an Pommern abgetreten.
  • 1474
    Mit Herzog Bogislaw X. besteigt der bedeutendste Greifenherzog den pommerschen Thron. Er beendigt den Erbfolgestreit mit Brandenburg und vereint 1478 ganz Pommern in seiner Hand.
  • 1529
    Im Vertrag zu Grimnitz verzichtet Brandenburg auf die Oberhoheit über Pommern, behält aber das Erbfolgerecht bei Aussterben des Greifengeschlechts.
  • 1588
    In der Schlossdruckerei zu Barth erscheint die berühmte plattdeutsche Barther Bibel.
  • 1616
    Verschärfung der Leibeigenschaft durch rechtl. Anerkennung des Bauernlegens im Hzgt. Stettin.
  • 1637
    Tod Bogislaws XIV. beendet Pommerns Eigenstaatlichkeit. Bütow und Lauenburg gehen als erledigte Lehen an Polen zurück.
  • 1648
    Im Westfäl. Frieden fällt Vorpommern mit Stettin an Schweden. Ostpommern fällt an Brandenburg.
  • 1657
    Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg gewinnt die „Lande“ Lauenburg und bütow.
  • 1672 – 1679
    Koalitionskrieg: Der Große Kurfürst besiegt Schweden bei Fehrbellin (1675), erobert das schwed.-pomm. Stettin, Rügen, Greifswald und Stralsund, muss im Frieden von St. Germain auf Vorpommern verzichten.
  • 1713 – 1740
    König Friedrich Wilhelm I. von Preußen schafft bedeutende wirtschaftliche Verbesserungen in Pommern. Begründung des preuß. Militär- u. Beamtenstaats.
  • 1720
    Im Frieden von Stockholm, der den Nordischen Krieg beendet, wird Stettin und Vorpommern bis zur Peene von Schweden an Preußen abgetreten.
  • 1740 – 1786
    Friedrich „der Große“ König von Preußen. Der „Alte Fritz“ führt umfangreiche Landverbesserungen durch (u.a. Anlage des Hafens Swinemünde) und fördert die Kolonisation Pommerns.
  • 1756 – 1763
    Siebenjähriger Krieg. Russen fallen mehrfach in Pommern ein und belagern dreimal Kolberg.
  • 1756
    Friedrich der Große befiehlt den Anbau der Kartoffel in Pommern.
  • 1795
    3. Poln. Teilung und Auflösung Polens.
  • 1815 – 1818
    Der Wiener Kongreß beschließt die Abtretung Vorpommerns und Rügens durch die Schweden an Preußen. Die Kreise Dramburg und Schivelbein, bis dahin Teile Brandenburgs, kommen zur Provinz Pommern hinzu (1818). Damit ist ganz Pommern wieder vereinigt.
  • 1851
    Gründung der Stettiner Maschinenbau AG „Vulcan“ als erste deutsche Werft für Eisenschiffbau.
  • 1852
    Pompe schreibt das Pommernlied „Wenn in stiller Stunde“.
  • 1919
    Der Vertrag von Versailles macht Pommern zum Grenzland. Ostpreußen wird durch den „polnischen Korridor“ vom Reich getrennt.
  • 1938
    Auflösung der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen (seit 1922), Eingliederung der Kreise Flatow, Deutsch-Krone, Schlochau, des Netzekreises, der nordmärk. Kreise Arnswalde und Friedeberg und der Stadt Schneidemühl in Pommern, jetzt mit der größten Ausdehnung seiner Geschichte.
  • 1945
    Pommern Brückenkopf für Millionen Flüchtlinge. Luftangriff auf Swinemünde fordert knapp 25.000 Todesopfer. Das Potsdamer Abkommen teilt Pommern entlang der Oder-Neiße-Linie.
  • 1945 – 1948
    Systematische Vertreibung der über der Oder-Neiße-Linie verbliebenen dt. Bevölkerung.
  • 1947
    Auflösung des preuß. Staates durch Kontrollratsbeschluss.
  • 1990
    Deutsch-Polnischer Vertrag bestätigt die bestehenden Grenzen. Mecklenburg-Vorpommern dt. Bundesland.
  • 1995
    Bildung der Euroregion Pomerania, die sich über drei Ländergrenzen erstreckt.
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