Nahtoderfahrungen
- Was ist eine Nahtoderfahrung?
- Wann kann eine Nahtoderfahrung vorkommen?
- Nahtoderfahrungen sind nicht neu
- Wie verändern sich Menschen nach einer Nahtoderfahrung?
- Beweise für ein Leben nach dem Tod?
- Beispiele von Nahtoderfahrungen
- Nahtoderfahrungen: Bücher
Was ist eine Nahtoderfahrung?
"Der Flug zum Himmel" (Ausschnitt) -
Hieronymus Bosch, um 1500
Der Glaube, dass mit dem Tod nicht alles zu Ende sei, sondern dass wir in einer anderen Form weiterexistieren, gründet sich u.a. auf die unzähligen Berichte von Nahtoderfahrungen, die Menschen an der Schwelle des Todes gemacht haben. Solche Erlebnisse sind nicht neu - in allen Kulturen und zu allen Zeiten wurde davon berichtet. Nachfolgend ein Überblick über dieses Phänomen.
Der Begriff Nahtoderfahrung (NTE) ist eigentlich nicht ganz richtig, denn Erfahrungen dieser Art können auch ohne jegliche Todesnähe auftreten. Meist versteht man darunter jedoch "außersinnliche" Erfahrungen, die ein Mensch während einer lebensbedrohlichen Situation erlebt und deren einzelne, immer wiederkehrende Elemente einem festen Muster zugeordnet werden können. Das besondere an einer Nahtoderfahrung ist, dass sie oft in einer Phase auftritt, in der der Patient klinisch tot ist und praktisch keine Gehirnaktivität mehr stattfindet!
Rückblick: Die Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross brach mit ihrem 1969 geschriebenen Buch "Interviews mit Sterbenden" ein Tabu, mit dem das Thema Sterben und Tod in der westlichen Gesellschaft bis dahin belegt war. In ihrem Buch, in dem sie todkranke Patienten über ihre Gedanken und Gefühle berichten ließ, definierte sie „Fünf Phasen des Sterbens“, die jeder Sterbende durchläuft. In dem Zusammenhang rückte sie auch die Nahtoderfahrungen in den Fokus der Öffentlichkeit. Zusammen mit Elisabeth Kübler-Ross gilt auch Raymond Moody als Pionier der Sterbeforschung. Mit seinem Bestseller „Leben nach dem Tod“, in dem er Fälle von Nahtoderfahrungen schilderte, weckte er 1975 weltweit das Interesse für dieses Phänomen.
Raymond Moody fasste die geschilderten Nahtoderfahrungen exemplarisch zusammen:
"Ein Mensch liegt im Sterben. Während seine körperliche Bedrängnis sich dem Höhepunkt nähert, hört er, wie der Arzt ihn für tot erklärt. Mit einemmal nimmt er ein unangenehmes Geräusch wahr, ein durchdringendes Läuten oder Brummen, und zugleich hat er das Gefühl. daß er sich sehr rasch durch einen langen, dunklen Tunnel bewegt. Danach befindet er sich plötzlich außerhalb seines Körpers, jedoch in derselben Umgebung wie zuvor. Als ob er ein Beobachter wäre, blickt er nun aus einiger Entfernung auf seinen eigenen Körper. In seinen Gefühlen zutiefst aufgewühlt, wohnt er von diesem seltsamen Beobachtungsposten aus den Wiederbelebungversuchen bei.
"Der Lichthimmel (Ausschnitt) - Gustave Doré, um 1860
Nach einiger Zeit fängt er sich und beginnt, sich immer mehr an seinen merkwürdigen Zustand zu gewöhnen. Wie er entdeckt, besitzt er noch immer einen "Körper", der sich jedoch sowohl seiner Beschaffenheit als auch seinen Fähigkeiten nach wesentlich von dem physischen Körper, den er zurückgelassen hat, unterscheidet. Bald kommt es zu neuen Ereignissen. Andere Wesen nähern sich dem Sterbenden, um ihn zu begrüßen und ihm zu helfen. Er erblickt die Geistwesen bereits verstorbener Verwandter und Freunde, und ein Licht und Wärme ausstrahlendes Wesen, wie er es noch nie gesehen hat, ein Lichtwesen, erscheint vor ihm. Dieses Wesen richtet - ohne Wort zu gebrauchen - eine Frage an ihn, die ihn dazu bewegen soll, sein Leben als Ganzes zu bewerten. Es hilft ihm dabei, indem es das Panorama der wichtigsten Stationen seines Lebens in einer blitzschnellen Rückschau an ihm vorüberziehen läßt. Einmal scheint es dem Sterbenden, als ob er sich einer Art Schranke oder Grenze nähere, die offenbar die Scheidelinie zwischen dem iridischen und dem folgenden Leben darstellt. Doch ihm wird klar, daß er zur Erde zurückkehren muß, da der Zeitpunkt seines Todes noch nicht gekommen ist. Er sträubt sich dagegen, denn seine Erfahrungen mit dem jenseitigen Leben haben ihn so sehr gefangengenommen, daß er nun nicht mehr umkehren möchte. Er ist von überwältigenden Gefühlen der Freude, der Liebe und des Friedens erfüllt. Trotz seines inneren Widerstandes - und ohne zu wissen, wie - vereinigt er sich dennoch wieder mit seinem physischen Körper und lebt weiter.
Bei seinen späteren Versuchen, anderen Menschen von seinem Erlebnis zu berichten, trifft er auf große Schwierigkeiten. Zunächst einmal vermag er keine menschlichen Worte zu finden, mit denen sich überirdische Geschehnisse dieser Art angemessen ausdrücken ließen. Da er zudem entdeckt, daß man ihm mit Spott begegnet, gibt er es ganz auf, anderen davon zu erzählen. Dennoch hinterläßt das Erlebnis tiefe Spuren in seinem Leben; es beeinflußt namentlich die Art, wie der jeweilige Mensch dem Tod gegenübersteht und dessen Beziehung zum Leben auffaßt."
Moody teilte die Nahtoderfahrungen systematisch in neun Elemente auf:
- Das Unaussprechliche der Erfahrung.
- Ein Gefühl des Friedens und der Ruhe. Der Schmerz ist verschwunden.
- Die Erkenntnis, tot zu sein. Manchmal ist danach auch ein Geräusch zu hören.
- Ein Verlassen des Körpers oder eine außerkörperliche Erfahrung (AKE). Die eigene Reanimation oder Operation wird von einer Position außer- und oberhalb des eigenen Körpers aus wahrgenommen.
- Aufenthalt in einem dunklen Raum, an dessen Ende sich ein kleiner Lichtfleck befindet, zu dem es den Sterbenden hinzieht: das Tunnel-Erlebnis. Sie werden mit hoher Geschwindigkeit zum Licht gezogen, das sehr hell aber nicht blendend ist.
- Wahrnehmung einer außerweltlichen Umgebung, einer wundervollen Landschaft mit herrlichen Farben, schönen Blumen und manchmal auch Musik.
- Begegnung und Kommunikation mit Verstorbenen.
- Begegnung mit einem strahlenden Licht oder einem Wesen aus Licht. Die Erfahrung vollkommener Akzeptanz und bedingungsloser Liebe. Man tritt mit tiefem Wissen und Weisheit in Kontakt.
- Lebensschau, Lebenspanorama oder Rückblick auf den Verlauf des Lebens seit der Geburt. Alles wird noch einmal durchlebt. Man überblickt das ganze Leben in einem einzigen Augenblick, es gibt weder Zeit noch Distanz, alles ist gleichzeitig, man kann tagelang über diese Lebensschau sprechen, die nur einige Minuten dauerte.
- Vorausschau. Man hat das Gefühl, einen Teil des Lebens, der vor einem liegt, zu überblicken und zu betrachten. Auch hier gibt es weder Zeit noch Distanz.
- Das Wahrnehmen einer Grenze. Man erkennt, dass nach dem Überschreiten dieser Grenze keine Rückkehr in den eigenen Körper mehr möglich ist.
- Die bewusste Rückkehr in den Körper. Es erfordert große Anstrengung, diese schöne Umgebung wieder zu verlassen. Nach der Rückkehr in den kranken Körper empfindet man tiefe Enttäuschung darüber, dass einem so etwas Herrliches genommen wurde.
Bei einer Nahtoderfahrung müssen nicht zwangsläufig alle genannten Elemente auftreten, doch ist in der Regel eine Einordnung in dieses Muster möglich.